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Hamburg

  • Autorenbild: Yves Tscherry
    Yves Tscherry
  • 6. Okt. 2019
  • 6 Min. Lesezeit

Montag, 30.09.2019


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Der Zug auf der Fähre.

Gegen Mittag begebe ich mich zum Hauptbahnhof Kopenhagen. Der Zug nach Hamburg fährt pünktlich ein. Er ist hoffnungsvoll überfüllt. Wie froh bin ich, dass ich eine Sitzplatzreservierung gemacht habe. Später erfahre ich, dass scheinbar 2 Wagen fehlen. Ich biete meinen Platz einer jüngeren Frau an, welche neben mir im Gang steht. Sie nimmt dankend an und wir wechseln uns dann während der Fahrt auch regelmässig mit Sitzen ab :)


Die Fahrt durch die dänische Landschaft ist echt schön. Erstaunt bin ich, als der Zugführer über die Lautsprecher durchsagt, dass wir nun mit dem Zug auf die Fähre fahren, wir alle gebeten werden auszusteigen und wir uns auf das oberste Deck der Fähre begeben sollen. Sowas kennt man bei uns nicht. Die Überfahrt von Roedby nach Fehmarn dauert etwa 40 Minuten.


Nach 5 Stunden Fahrt kommen wir mit etwas Verspätung in Hamburg an, gemessen an der Einwohnerzahl die zweitgrösste Stadt Deutschlands. Ich stehe mit meinen Taschen vor einem der Eingänge zum Hauptbahnhof, und da wirft mir ein Mann einen Euro hin. Na das fängt ja gut an. Gut möglich, dass ich nach der Fahrt ein wenig müde und erschöpft aussehe. Aber dass es so schlimm ist hätte ich nicht gedacht :)


Ich habe das Glück, dass ich hier in Hamburg bei einer lieben Kollegin einer lieben Kollegin übernachten darf. Herzlich werde ich in Empfang genommen. Wir quatschen ein paar Stunden und ich erhalte noch ein paar wertvolle Tips zu guten Spots in Hamburg.


Dienstag und Mittwoch


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Rainy day, dream away.

Thor scheint es wieder einmal nicht gut mit mir zu meinen. An beiden Tagen regnet es praktisch ununterbrochen. Zudem ist es eher kalt und windig. Die einzige Option die mir bleibt, ist, nach kleinen Unterständen in der Stadt zu suchen um dort mein Glück zu versuchen.


Die Leute rauschen hektisch an mir vorbei und scheinen mein Dasein eher als Belästigung zu empfinden. Hie und da mal ein paar Cents, das wars.


Ich versuche es ebenfalls bei der Europa Passage, ein relativ grosses Einkaufscenter in der Bergstrasse (eine der Einkaufstrassen in der Nähe vom Hauptbahnhof). Vor der Europa Passage ist ein hohes grosses Glasdach angebracht, welches Schutz vor dem Regen bietet. Hier versuche ich es mehrmals, werde aber immer wieder vom Security-Personal des Platzes verwiesen. Als diese mir dann beim 4. Versuch mit der Polizei drohen, lasse ich es dann doch lieber sein. Es war aber bei weitem der attraktivste Ort um unter diesen Witterungsbedingungen zu spielen.


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Blick in den alten Elbtunnel.

Am Hafen, bei den Landungsbrücken, gehe ich runter in den alten Elbtunnel. Auch ein trockener Ort, also, why not, let's try it.


Ich stelle mich am Anfang des Tunnels hin, beginne an zu spielen, und bin erst einmal beeindruckt von den akustischen Eigenschaften des Tunnels: es klingt einfach saugeil hier unten :) Doch schon nach nicht einmal 2 Minuten kommt ein Sicherheitsbeamter zu mir und erklärt höflich aber bestimmt, dass das musizieren hier unten verboten ist. Schade.


Am Montag kann ich mit ca. eineinhalb Stunden Strassenmusik 16 Euro verdienen. Am Dienstag spiele ich ebenfalls ca. eineinhalb Stunden und verdiene 18 Euro. Denke ich zurück an Oslo oder Kopenhagen, dann habe ich das in 4 Stunden Spielzeit nicht erreicht. Scheint also doch gut zu laufen hier, wenn doch das Wetter ein bisschen gnädiger wäre.


Donnerstag


3. Oktober, Tag der Deutschen Einheit. Feiertag also. Die Läden sind alle geschlossen. Das Wetter ist heute jedoch eher heiter. Anders als in den letzten zwei Tagen regnet es nicht, und die Temperatur scheint gefühlt über 10 Grad zu liegen, zwischendurch lässt sich sogar die Sonne blicken. Gegen Nachmittag reisst die Wolkendecke vermehrt auf und es wird sogar erträglich warm. Die Innenstadt wirkt, bis auf ein paar Restaurants, ausgestorben. Ich begebe mich zu den Landungsbrücken, dort, wo die ganzen Schiffe für die Bootsrundfahrten anlegen. Auch die neu gebaute Elbphilharmonie befindet sich dort.


So wie viele andere Städte regelt auch Hamburg strikt, wann, wo und wie gespielt werden darf. Mit meiner Recherche habe ich drei Dokumente gefunden (für 3 verschiedene Stadtbezirke) welche unterschiedliche Richtlinien definieren. Für den Bezirk, in welchem die Landungsbrücken liegen, heisst es: "Es darf jeweils nur zur vollen Stunde für eine halbe Stunde gespielt werden, z.B. 11:00 - 11:30, 12:00 - 12:30". Zwischen solchen Sessions muss man sich dann immer um mindestens 150 Meter weiterbewegen. Doch seit Beginn meiner Tour stehe ich solchen Richtlinien zunehmend gleichgültig gegenüber.


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Bei den Landungsbrücken mit der Elbphilharmonie im Hintergrund... Eine fantastische Szenerie!

Ich starte zuerst direkt beim Ausgang der U-Bahn. Dort herrscht reger Verkehr. Und in der Tat, der Rubel rollt! Nach ca. 10 Minuten habe ich bereits 5 Euro in der Tasche, ein echt guter Schnitt! Dass mir inzwischen eine Seemöwe auf meine Gitarrentasche geschissen hat ist mir in diesem Moment egal.


10 Meter entfernt von mir steht ein Mann, der im Minutentakt brüllt: "Nächste Fahrt in einer halben Stunde". Er sagt noch was anderes, aber das verstehe ich nicht. Nach nicht einmal 20 Minuten kommt der Mann zu mir: "Finish now". Ich frage ihn, was er genau meint. "20 Minutes, is finish now. You go!". Als ich ihm auf Deutsch antworte, können wir dann auch in derselben Sprache miteinander sprechen und ich verstehe was er mir sagen will. Ich erkläre ihm, dass ich das Recht habe, 30 Minuten zu spielen. Er beharrt aber auf den 20 Minuten. Obschon ich für einmal das Recht auf meiner Seite habe und anstatt das Dokument auf meinem Phone auszugraben gebe ich klein bei und ziehe weiter. Und das müssen dann ja auch mindestens 150 Meter sein :)


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Sonnenuntergang bei den Landungsbrücken.

Es ist echt viel los hier, viele Passanten und zum ersten Mal auf meiner Tour sehe ich auch einige andere Strassenkünstler. Ich spiele an ein paar Spots die eher suboptimal sind, da die guten Plätze bereits besetzt sind. Also ist warten und taktieren angesagt. Ich rede mit einigen der Künstlerinnen und Künstlern und frage sie, wie lange sie gedenken noch dort zu performen. Sie scheinen rücksichtsvoll zu sein. Nach einer Stunde warten kann ich mich dann endlich an einen der guten Spots hinstellen und spielen.


Die Leute sind richtig nett hier. Eine Dame mittleren Alters hält an und fragt: "War das eben Hurt?". Ich bejahte. Sie wirft 2 Euro in meine Tasche und sagt: "Könntest du es nochmals für mich spielen?". Geil! Zum ersten mal auf meiner Tour haben sich Grüppchen um mich herum gebildet, teilweise wurde mitgesungen und auch getanzt. Das war richtig schön!


Insgesamt spiele ich an diesem verhältnismässig schönen Tag 3 Stunden bei den Landungsbrücken und verdiene insgesamt 45 Euro. Da bin ich doch mehr als zufrieden :) Bevor ich nach Hause gehe geniesse ich noch den Sonnenuntergang mit Blick auf den Hamburger Hafen.


Freitag


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Vor dem Kinder-Hospiz Sternenbrücke, nach der Übergabe der Spende.

Während meiner Zeit in Hamburg habe ich ein paar Spenden aus der Heimat erhalten. Von Franz Kölliker satte 100$. Dann noch zwei weitere grössere Spenden, 50€ und 25€ (anonym). Durch eine Aktion auf Facebook lege ich noch 110€ aus eigener Tasche oben drauf. Damit kommen total stattliche 354€ an Spenden für das Kinder-Hospiz Sternenbrücke in Hamburg zusammen. An dieser Stelle nochmals vielen lieben Dank an die Spender, ihr seid einsame Spitze!!


Bereits am Dienstag habe ich dort angerufen um mich zu erkundigen, ob ich das Geld persönlich und in Cash vorbeibringen könne. "Ah das ist ja schön. Klar doch. Wir würden dann einen Termin vereinbaren, damit sich eine unserer Angestellten eine Stunde Zeit für Sie nehmen kann!". Sehr nett. Um 13 Uhr erscheine ich pünktlich an der Rezeption vom Kinder-Hospiz. Eine Dame begleitet mich in einen Raum mit einer Couch, ein paar Sesseln, Kaffe, Keksen und Schokolade. Dann kommt Heike zu mir. Heike arbeitet in der Verwaltung und ist für die Spendenübergaben verantwortlich. Wir tauschen uns ein wenig aus; sie erzählt mir die Geschichte des Kinder-Hospiz, über dessen Gründung, Zweck und Finanzierung. Ich erzähle über mein Vorhaben und wie ich das Kinder-Hospiz entdeckt habe.


Die Sternenbrücke bietet Familien mit einem Kind oder Jugendlichen bis zum 27. Lebensjahr, welche von einer tödlichen Krankheit betroffen sind, einen Zufluchtsort. Sie können pro Jahr 5 Wochen mit ihren Eltern und Geschwistern hierher kommen um sich für einmal vom Alltag zu lösen, zu versuchen die Krankheit zeitweilig zu vergessen und die familiäre Beziehung zu festigen. Den "Gästen" wird hier ein vielseitiges Programm angeboten: Spielgruppen, Ausflüge, Basteln, Konzerte, Betreuung rund um die Uhr und noch Vieles mehr. Die Sternenbrücke bietet aber auch Platz für sogenannte "Finalkinder". Das sind Kinder, bei denen man leider davon ausgehen muss, dass sie nur noch wenige Tage oder Wochen zu leben haben. Die Sternenbrücke bietet diesen Kindern und ihren Familien einen besonderen, einen schönen Ort, um die Zeit, welche noch verbleibt, in Würde und fernab von Alltagsverpflichtungen zu verbringen. Insgesamt bietet die Sternenbrücke für 13 Familien Platz. Dabei sind pro Familie ein Zimmer für das betroffene Kind, ein Zimmer für die Eltern und ein Zimmer für die Geschwister reserviert. Die Sternenbrücke finanziert sich zum Einen durch Beiträge aus den Versicherungen und zum Anderen von Spenden. Über Spenden müssen sie 40% ihrer Unkosten decken. Für eine 4-köpfige Familie rechnet die Sternenbrücke pro Tag im Schnitt mit Kosten von 1000€.


Es ist mir ein Anliegen, für die Kinder noch etwas zu tun, das man mit Geld so nicht kaufen kann: ich möchte ihnen etwas vorspielen, sie zum lachen bringen. Leider ist das nicht möglich. Die Sternenbrücke hat verständlicherweise strikte Regeln was Besuche von "Fremden" angeht.


Samstag


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Heute geht die Reise weiter nach Eindhoven. Zum letzten Mal geniesse ich den Blick in die Tiefe der Wandelhalle des Hamburger Hauptbahnhofs. Ich freue mich auf entspannte 6 Stunden Zugfahrt :) Ich fühlte mich wohl in Hamburg, es war eine schöne Zeit. Leider blieb neben der Suche nach guten (trockenen) Spots nicht allzu viel Zeit, um diese tolle Stadt zu erkunden. Insgesamt fühle ich mich psychisch wie physisch recht erschöpft. Bin aber nach wie vor top motiviert für die nächsten Stationen auf meiner Reise :)

 
 
 

Kommentare


Tour 2019

Hier werde ich euch auf dem laufenden halten, wie lange ich in welcher Stadt war und an welche Institution die Trinkgelder gespendet werden.

20.09. - 26.09.

Oslo

65 Franken wurden an das Armenhaus in Oslo gespendet.

http://fattighusetoslo.no

26.09. - 30.09.

Kopenhagen

18 Franken gesammelt für The End Fund.

30.09. - 05.10.

Hamburg

390 Franken wurden an das Kinderhospiz Sternenbrücke gespendet.

https://sternenbruecke.de

05.10. - 10.10.

Eindhoven

68 Franken gesammelt für The End Fund.

10.10. - 15.10.

Lyon

122 Franken gesammelt für The End Fund.

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