Jam back at the house
- Yves Tscherry
- 25. Nov. 2019
- 4 Min. Lesezeit
Donnerstag, 21.11.2019

Ich fühle mich wieder fit, die Grippe oder was auch immer das war scheint sich gelegt zu haben. Gegen Mittag ziehe ich los auf die "Plaza de la Virgen". Wieder ist sie mit Musikern belegt, welche mit Verstärkern spielen. Ich ziehe weiter, niste mich auf einer Sitzbank in einem Seitengässchen ein und spiele dort für eine Stunde. Immerhin 8€.
Zurück auf dem Platz sind die Jungs verschwunden. Ich nutze die Gelegenheit und spiele auch hier 1 Stunde, was mir letztlich 14€ einbringt. Das war eine gute Session. Vermehrt bleiben Leute stehen, hören aufmerksam zu und applaudieren. Das gibt es leider nicht allzu oft, umso mehr weiss ich es zu schätzen. Gerne hätte ich noch ein bisschen länger gespielt, doch abermals werde ich von der Polizei unterbrochen. Gleiches Gespräch wie immer: verboten ohne Bewilligung, also breche ich ab. Es fängt ohnehin gerade an zu regnen und ich verziehe mich in eine Tapas-Bar und esse ein paar Tapas. Kurz vor 16 Uhr legt sich der Regen und ich spiele nochmals für 1 Stunde, diesmal ohne Besuch der Polizei. 10€. Bilanz des heutigen Tages: 32€, bis jetzt der höchste Betrag :)

Abends möchte ich noch ins "Gomg" gehen, dort spielt Julio, den ich gestern kennen gelernt habe, mit seiner Band. Ich gehe zuerst in eine Bar, esse ein paar Tapas und genehmige mir ein paar Bier. Gegen 11 gehe ich ins "Gomg". Perfektes Timing, die Band beginnt gerade zu spielen. Die Bühne ist extrem klein, die 4 Bandmitglieder haben knapp Platz darauf. Sie spielen eine breite Palette von Pink Floyd über Jimi Hendrix bis zu Beatles und Co. Von der Performance bin ich nur mässig beeindruckt, was jedoch nebensächlich ist, weil die Jungs sichtlich Spass beim Spielen haben und die Stimmung unter den Zuschauern ist grossartig. Nach etwas mehr als einer Stunde scheint ihr Konzert zu Ende zu sein.
Ich trinke ein Bier zusammen mit Julio und er bittet mich, gleich anschliessend ein paar Hendrix-Songs zu spielen. Wir stimmen uns kurz ab, welche Songs ich und seine Band spielen könnten. Als gemeinsamen Nenner machen wir folgende Songs aus: Hey Joe, The Wind Cries Mary, All along the Watchtower, Little Wing und Voodoo Child. Ich darf die Stratocaster von Julio benutzen. Julio "leiht" mir seinen Drummer und Bassisten aus und wir legen los. Die Stimmung ist nach wie vor formidabel, es scheint einige Hendrix-Fans im Publikum zu haben, es sind immer wieder Schreihe und Applaus während der Performance zu hören, ein grossartiges Gefühl :) Als wir mit den Songs durch sind, kommt Julio auch nochmals auf die Bühne und wir jammen noch für ca. eine halbe Stunde, mal ein bisschen Blues, mal eher funky, dann wieder rockig. Nach der Performance werde ich von vielen Leuten aus dem Publikum angesprochen. Ausnahmslos alle von ihnen sind erstaunt darüber, dass ich kein Spanier bin, da ich doch so spanisch spielen würde :) Naja, "Spanish Castle Magic" halt :) In einer lockeren Runde mit diesen alternativen Valencianos trinke ich noch ein paar Bier und gehe dann erschöpft nach Hause. Es war ein fantastischer Abend :)
Freitag
Die Wetter-Prognose für Heute sagt erneut Regen voraus. Ich gehe noch vor dem Mittag los und spiele auf der "Plaza de la Virgen" für eine Stunde. Ich ziehe weiter zur Markthalle, wo sich Heute viel mehr Leute als normalerweise befinden. Auch hier spiele ich wieder eine Stunde, bis es dann doch leider wieder anfängt zu regnen. Ich wurde dieses mal zwar von der Polizei unterbrochen, aber diese zwei Jungs waren anders: sie meinten, es sei zwar verboten, aber ich könne sorglos weiterspielen, weil ich einen coolen Sound hätte :) Leider sind nicht alle Polizisten so drauf. Und bis jetzt konnte ich immerhin 20€ einnehmen. Nachdem ich meinen Körper mit ausreichend Tapas gestärkt habe und sich der Regen geleget hat, gehe ich kurz nach zwei Uhr zurück zur "Plaza de la Virgen" und performe erneut für eine Stunde, 8€ eingenommen. Während ich am spielen bin läuft Julio per Zufall an mir vorbei. Wir haben riesigen Spass uns noch einmal zu sehen, da wir uns am Vorabend eigentlich voneinander verabschiedet haben, in der Annahme, dass wir uns nicht mehr sehen würden :) Wir quatschen nochmals über den schönen Abend von Gestern. Dann muss er auch schon weiter, da er verabredet ist. Es beginnt erneut zu regnen, ich packe meine Sachen und gehe nach Hause.
Abends bin ich mit Arash zum Tapas-Essen in "Russafa" verabredet. Ihm geht es nach wie vor blendend. Nächste Woche wird ihn sein Bruder, welcher in Frankreich lebt, für eine Woche besuchen. Er hat ihn seit über einem Jahr nicht mehr gesehen und freut sich sichtlich auf den Besuch. Als wir mit dem Essen fertig sind gehen wir weiter in eine Bar, ebenfalls in "Russafa" wo wir noch auf ein paar andere Kolleginnen und Kollegen von Arash treffen. Nach einem geselligen und sehr lustigen Abend bin ich dann aber doch froh, als ich kurz nach Mitternacht zu Hause in meinem Bett angekommen bin.
Samstag

Heute geht es zurück in die Schweiz. Der Flughafen ist sehr einfach mit der Metro zu erreichen. Da ich zu früh am Flughafen ankomme und das Checkin viel schneller verläuft als gedacht, nutze ich die Zeit und spiele noch ein wenig vor dem Eingang des Terminals. Ohne Geld zu sammeln, einfach nur so.
Auf dem Hinflug sass ich neben Thom Lüthi, diesmal scheint aber keine Prominenz auf dem Flug zu sein :) Ich geniesse den Flug über die Spanische Küstenlandschaft, Barcelona, Marseille, die Alpen... Wie schön doch die Schweiz ist, wie schön sie von oben aussieht.
Resümee
Valencia war schön, aber - aufgrund der gesetzlichen Willkür betr. Strassenmusik - auch sehr belastend und anstrengend. Die Bilanz zeigt sich wie folgt: nach knapp 12 Stunden Spielzeit an insgesamt 7 Spieltagen konnte ich 103€ sammeln.
Ich kann nicht klar sagen was ich aus dieser kurzen Tour für mich mitnehmen kann. Definitiv nehme ich viele schöne Erinnerungen/Erlebnisse mit. Ich habe viele nette und interessante Menschen kennen gelernt, konnte ein wenig abschalten, konnte meine Körper nachhaltig mit Churros und Tapas versorgen, und, was am Wichtigsten ist, ich konnte mit meiner Musik andere Menschen beglücken und dabei Geld für einen guten Zweck sammeln. Die willkürliche Handhabe der Polizei mit Strassenmusikern hinterlässt jedoch einen faden Nachgeschmack.
Als Nächstes möchte ich versuchen, auf den Strassen in der Schweiz Musik zu spielen und Geld zu sammeln. Sobald hierzulande wieder angenehme Temperaturen herrschen, werde ich mich auf die Strasse schmeissen und sehen, wie die Schweizerinnen und Schweizer auf meine Aktion reagieren und bin bereits jetzt gespannt darauf.
Ich spende 200€ an Aspanion in Valencia und bin sicher, dass sie sich über die Spende freuen werden.
Und jetzt: hört nur wie laut ich schweige...





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