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Kopenhagen

  • Autorenbild: Yves Tscherry
    Yves Tscherry
  • 29. Sept. 2019
  • 5 Min. Lesezeit

Mein letzter Besuch in Kopenhagen war 2008. Gemeinsam mit Freunden gingen wir ans Roskilde-Festival um Radiohead, Neil Young, Chemical Brothers, Kings of Leon, Motorpsycho, Mogwai und weitere grossartige Bands zu sehen. Es war eine fantastische Zeit, deswegen freue ich mich auf Kopenhagen.


Donnerstag


Die Reise mit dem Zug von Oslo nach Kopenhagen durch die malerische Landschaft ist sehr schön. Mit Umsteigen in Göteborg komme ich nach acht Stunden in Kopenhagen an. Es windet und regnet. Ich komme durchnässt in meinem Airbnb an, welches sich rund drei Kilometer vom Zentrum entfernt befindet. Eine nette kleine Wohnung mit Allem was ich brauche :)


Trotz Regen packe ich meine Gitarre und latsche ein wenig durch die Stadt. In der Fussgängerzone Stroget ist richtig viel los. Auch wenn es nur leicht nieselt, kann ich mich mit meiner akustischen Gitarre leider nicht auf die Strasse stellen.


Freitag


10 Uhr, es regnet immer noch. Um 12 Uhr begebe ich mich in Richtung Stadt und hoffe auf ein paar regenfreie Stunden. Kopenhagen heisst zwar Strassenmusiker herzlich willkommen, regelt aber ziemlich genau, wo, wie und wann gespielt werden kann. So darf beispielsweise in Stroget an Wochentagen nur von 17 - 20 Uhr gespielt werden. Ich gehe zuerst mal auf den Rathausplatz, dort darf man nämlich den ganzen Tag spielen :) Hier ist ebenfalls viel los, jedoch liegt der Platz zwischen zwei vielbefahrenen Hauptstrassen und ist deswegen relativ laut. Hier kann ich dank einer kurzen Regenpause rund 1 Stunde spielen, danach beginnt der Regen wieder.


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Punkt 17 Uhr bin ich in der längsten Fussgängermeile Europas (Stroget). Thor scheint es gut mit mir zu meinen, der Regen hört auf, die Regendecke bricht auf. Ich spiele zunächst neben einem belebten Kaffeehaus. Hier läuft jedoch nicht viel, gleiches Bild wie in Oslo: kaum jemand hält an, praktisch niemand ist willig, ein kleines bisschen Cash abzudrücken.


Ich laufe rund einen Kilometer weiter. Inzwischen sind sogar die Strassen trocken. Ich spiele etwa 1 Stunde und konnte nun doch ein paar Kronen in meiner Gitarrentasche sammeln.


Obschon die meisten Läden bereits um 18 Uhr schliessen, mache ich noch eine Session und versuche die Zeit bis 20 Uhr zu nutzen. Auf einem netten Platz neben der "Domkirke" versuche ich nochmals mein Glück. Ich habe kaum ein paar Minuten gespielt, da kommt eine junge Frau zu mir und bringt mir einen Tee :) Somya arbeitet in einem Restaurant an diesem Platz und hat gerade Feierabend und ist begeistert von meinem Vorhaben. Als ich fertig bin mit Spielen läuft sie zusammen mit mir zurück zum Bahnhof. Sie gibt mir ein paar gute Tips, wo ich spielen könnte. Da bin ich sehr dankbar :) Müde und erschöpft gehe ich nach Hause und freue mich auf eine warme Dusche und das Bett.


An diesem Tag konnte ich 65 Kronen sammeln (knapp 10 Franken). Das ist für ca. 2 Stunden spielen nicht gerade viel, aber immerhin mehr als in Oslo.


Samstag


Gegen Mittag begebe ich mich ins "Reffen". Einen Spot, welchen mir Somya am Vortag empfohlen hat. Das "Reffen" liegt in der Nähe vom "Nordhavn". Es ist praktisch ein kleines Dorf, welches in einer alten Industriezone aufgebaut wurde, ein "Food-Village". In rund 50 kleinen Häuschen und Containern werden Leckereien aus aller Welt angeboten.


Hier fühle ich mich wohl. Ich spiele so lange ich kann, heisst, solange bis der Regen wieder einsetzt. Um ca. 15 Uhr beginnt es wieder zu regnen. Bis dahin habe ich nach insgesamt etwa 2 Stunden spielen wiederum 60 Kronen gesammelt (knapp 8 Franken).


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Eine der vielen Strassen mit den Food-Ständen.

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Hmm... keine Ahnung ob es wirklich das ist wonach es aussieht...

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Mein Auto lasse ich jetzt mal hier stehen, es will einfach nicht mehr...

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Ich hab hier mal meine Adresse hinterlegt. Mal schauen ob jemand schreibt.

Am Abend gehe ich nach Christiania - die autarke Freistadt inmitten von Kopenhagen. Am Donnerstag haben sie ausgiebig den 39. Geburtstag gefeiert, das habe ich leider verpasst. Ich führe sehr viele interessante Gespräche mit Christianiten aber auch mit Touristen, die das Flair von Christiania geniessen wollen. Seit meinem letzten Besuch vor über 10 Jahren hat sich Christiania massiv verändert. Kurzum, es ist extrem viel touristischer geworden, verkommerzialisiert. Dies bestätigen mir auch sehr viele Christianiten. Der Geist und das ursprüngliche Konzept von Christiania ginge zunehmend verloren. Trotzdem immer noch ein fantastischer Ort, wo verschiedene Kulturen sowie Menschen mit interessanten und krassen biografischen Lebensläufen aufeinandertreffen und friedlich zusammenleben.


So führe ich z.B. ein Gespräch mit einem Schweden, der in ungefähr meinem Alter ist. In Schweden war er 10 Jahre lang im Gefängnis, weil er scheinbar einen Mann ermordet hat. Sein Motiv war Eifersucht. Sein Opfer hatte ein Verhältnis mit seiner Ehefrau. Als er aus dem Gefängnis entlassen wurde, waren seine Frau und seine Tochter verschwunden, nicht mehr aufzufinden. Für ihn gab es daher in Schweden keine Zukunft mehr. Er lebt nun seit 5 Jahren in Christiania.


Dann war da Nils... naja, Nils ist ebenfalls Schwede. Er ist ein Hacker. Er ging mit Gottfrid Svartholm in die Grundschule. Gottfried Svartholm war Mitgründer der Platform "The Pirate Bay". Nils sagt, er hätte Gottfried über die Jahre immer wieder mit kleineren Aufträgen zugedient. Als sich dann die schwedische Justiz irgendwann um das Jahr 2008 einschaltete, Anzeige gegen die Gründer erhob und versuchte, die Dienste von "The Pirate Bay" auszuschalten, bekam er kalte Füsse. Er flüchtete zuerst nach Oslo, wo er 4 Jahre lang lebte. Was er in diesem Zeitraum genau machte wollte er mir nicht sagen: "Ich habe meinen Lebensunterhalt mit Dienstleistungen im Darknet verdient". Seit über 5 Jahren lebt er nun in Christiania und fühlt sich in Kopenhagen wohl und sicher. In Schweden ist offenbar immer noch ein Haftbefehl gegen ihn offen (wegen seiner Verbindung zu Gottfrid und seinem Mitwirken an der Entwicklung von The Pirate Bay).


"Such an interesting place, such a strange place to be", nach 8 Stunden Christiania begebe ich mich um ca. 4 Uhr morgens zurück in die Realität.


Sonntag


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Der Sonntag ist wolkenverhangen, regnerisch und windig. Die Prognose sagt voraus, dass es den ganzen Tag regnen wird. Mit Strassenmusik wird das heute wohl leider nichts. Aber perfektes Wetter um im Waschsalon meine Wäsche zu waschen, das muss auch mal sein.


Das ist auch schon mein letzter Tag in Kopenhagen. Morgen Montag geht die Reise weiter nach Hamburg.


Insgesamt konnte ich 125 Kronen (18 Franken) sammeln. Das ist leider nicht viel. Bezogen auf die Spielzeit insgesamt jedoch in Ordnung. In Kopenhagen konnte ich leider auf die Schnelle kein gutes Hilfswerk finden. Für solche Fälle habe ich eine Alternative in petto. Alle Beträge, die ich nicht vor Ort spenden kann, sammle ich und werde sie am Ende meiner Reise diesem Hilfswerk überweisen: The End Fund engagiert sich in Afrika, Indien und Afghanistan und hat sich dem Kampf gegen NTDs (Neglected tropical diseases) verschrieben. Sie arbeiten vor Ort mit NGOs und akademischen Partnern zusammen um den Menschen zu helfen welche von NTDs betroffen sind und sich aus verschiedenen Gründen nicht selber davor schützen können. Einen Grossteil der Anstrengungen unternehmen sie im Bereich der "Dehelmintization" ("Entwurmung"). Laut Givewell ist The End Fund eines der am besten gerankten internationalen Hilfswerke; geschätzte 81% der Spenden werden effektiv benutzt um vor Ort Hilfe zu leisten.


 
 
 

Kommentare


Tour 2019

Hier werde ich euch auf dem laufenden halten, wie lange ich in welcher Stadt war und an welche Institution die Trinkgelder gespendet werden.

20.09. - 26.09.

Oslo

65 Franken wurden an das Armenhaus in Oslo gespendet.

http://fattighusetoslo.no

26.09. - 30.09.

Kopenhagen

18 Franken gesammelt für The End Fund.

30.09. - 05.10.

Hamburg

390 Franken wurden an das Kinderhospiz Sternenbrücke gespendet.

https://sternenbruecke.de

05.10. - 10.10.

Eindhoven

68 Franken gesammelt für The End Fund.

10.10. - 15.10.

Lyon

122 Franken gesammelt für The End Fund.

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